Bei mir auf dem Pult hat es ein Mäppchen. Stopp. Bei mir auf dem Pult hat es ein Puff. Und irgendwo in diesem Puff ist ein Mäppchen. «Zeugs» steht darauf, mit rotem Filzstift und in meiner unverwechselbaren Sauklaue geschrieben. Ich bekam auch schon den Titel «Prinz vom Krixelkraxelland» verabreicht, und Interviewpartner fragen mich oft, ob ich Stenografie beherrsche (Nein, ich schreibe nur so). Zu diesem Mäppchen greife ich oft bei der Themensuche. Auch für den Kopfsalat.
Im Mäppchen befinden sich Zettel, Notizen und ausgerissene Zeitungsseiten. Ja, ich fröne dieser Unsitte. Und da ich oft unterwegs Zeitungen lese, falte ich die Seiten wenig sorgsam, packe sie in den Rucksack oder einfach in eine Hosentasche. Sie können sich also vorstellen, dass das Sammelsurium wenig mit einem liebevoll gepflegten Archiv zu tun hat.
Es finden sich darin Artikel zu Themen, die ich selbst bei Gelegenheit aufgreifen will. Wie etwa der NZZ-Bericht «Licht ins Dunkel der Gemeindeversammlungen». Übrigens: Der Artikel zu den Verkehrsregeln im Himmel über dem Oberland von vorgestern nahm in diesem Mäppchen seinen Ursprung.
Der grösste Teil des Mäppcheninhalts sind aber Sachen, die mich persönlich interessieren, amüsieren oder enervieren. Da findet sich etwa ein Interview mit Ray Cokes, einem legendären TV-Moderator von MTV. Aus einer Zeit, als das «M» von «MTV» tatsächlich noch für Music stand. Und nicht für «meschugge-machender Scripted-Reality-Müll». Ein anderer Artikel handelt davon, wenn «Games auf dem Friedhof» landen. Es geht um die Schwierigkeit, Computerspiele zu erhalten, die dem technischen Fortschritt zum Opfer gefallen sind. Da dies auf praktisch alle Games zutrifft, mit denen ich aufgewachsen bin, berührte mich das Thema.
«Lässige Sünden» nannte die Kulturredaktion des «Tages-Anzeigers» eine Serie, die ich mochte. Hier berichteten Schreiberlinge, die sonst in feuilletonistischen Höhen schweben, von alltäglichen Freuden. Von ihren «Kultursünden». Wenn sie, die klassische Konzerte in Wort fassen und literarischen Ergüsse kritisieren, über die 3 Fragezeichen, Scooter und – mein persönlicher Favorit – Bud Spencer und Terence Hill schreiben, ist das unterhaltsam. Die Nachfolgeserie kann «Lässige Sünden» das Wasser leider nicht reichen. Unter dem Titel «Überschätzt» geht es um «Künstler, mit denen wir wenig anfangen können». Obwohl gut geschrieben, wirken die Texte wie plumpe Abrechnungen. Von der Selbstironie von «Lässige Sünden» keine Spur. Entsprechend findet sich auch kein «Überschätzt» in meinem «Zeugs».
Dieser Text erschien am 5. August 2016 im Berner Oberländer und Thuner Tagblatt unter der Rubrik Kopfsalat.
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