Eine unangenehme Wahrheit gleich zu Beginn: Fleisch kommt von einem Tier. Einem Tier, das dafür getötet wurde. Eigentlich dürfte man annehmen, dass diese Tatsache allgemein bekannt ist. In der Schweiz werden jährlich gegen 60 Millionen Tiere zur Fleischproduktion geschlachtet. Aber dem Aufruhr nach, den ein Foto in den sozialen Medien und in den Kommentarspalten der Boulevardzeitung «Blick» zur Folge hatte, scheint dies nicht der Fall zu sein.
Das erwähnte Bild zeigt eine Gruppe von Männern aus dem arabischen Raum, die im Lauterbrunnental eine Grillparty veranstalten. Zugegeben etwas gewöhnungsbedürftig: Zwei ganze Schafe hingen an Dreibeinstützen. Die Männer zerteilten die Tiere mit Messern und brieten das Fleisch. Zu viel für einige Passanten. Sie riefen die Polizei. Diese stellte aber schnell fest, dass alles mit rechten Dingen zuging.
Die Schafe waren beim Metzger gekauft worden, der sie nach allen Regeln des Fachs ordnungsgemäss geschlachtet hatte. Ein Nutzer auf einer grossen Onlineplattform fragte: «Sind das die Gäste, die wir wollen?» Die Antwort – obwohl er wohl eine andere im Kopf hatte – ist Ja. Gäste, die in der Region übernachten, die Ausflüge unternehmen, die das lokale Gewerbe berücksichtigen. Ja, solche Gäste wollen wir.
Und zum Schluss sei noch eine ketzerische Frage erlaubt: Wären der Aufschrei und die Aufregung gleich gross gewesen, wenn – sagen wir mal – der Verein Freunde des Hülsensacks Staubbächlingen ein Spanferkel gegrillt hätte? Ich denke, das hätte kein Schwein interessiert.
Dieser Text erschien am 20. August 2018 unter der Rubrik „Moment mal“ im Berner Oberländer und Thuner Tagblatt.
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