Der regionale Richtplan sieht am Rugen einen Steinbruch von 200000 Quadratmetern vor, wo jährlich 300000 Tonnen Hartschotter abgebaut werden sollen. Hartschotter ist ein wertvolles Gut und für die Eisenbahn unabdingbar. Weil ein nationaler Engpass droht, müssen neue Standorte erschlossen werden. Der Rugen erfüllt die Bedingungen ideal, es gibt aber Widerstand. Hier mein Kommentar dazu im Berner Oberländer:

Hier im Naherholungsgebiet am Rugen soll in Zukunft Hartgestein abgebaut werden. Der Steinbruch würde an die Unspunnenwiese (im Vordergrund) grenzen. Foto: Bruno Petroni
Die Schweiz braucht Schotter, das ist eine Tatsache. Ohne dieses Hartgestein fahren die SBB nicht weit, und auch das Nationalstrassennetz wäre gefährdet. Ebenfalls klar ist, dass es wenig Sinn macht, Millionen von Tonnen Gestein Tausende Kilometer aus dem Ausland herzukarren.
Neue Steinbrüche sind also von nationalem Interesse. Und regional schaut auf den ersten Blick ein angenehmer Zusatzverdienst heraus. Schliesslich gibt es einige Arbeitsplätze, und es winkt eine stattliche Abbauentschädigung.
Allerdings überwiegen für die Region die Nachteile klar: Durch den Steinbruch würde die Attraktivität der Destination Interlaken geschmälert. Allen Bemühungen der Betreiber zum Trotz, die nur etappenweise arbeiten und laufend renaturieren wollen, die Narbe in der Landschaft bliebe. Noch heute sind die Schäden, die Lothar und Vivian 1999 respektive 1990 verursacht haben, sichtbar. Auch drohen Staub, Lärm und zusätzlicher Verkehr.
Der Rugen selbst ist ein attraktives Naherholungsgebiet, das zum Spazierengehen, Wandern oder Joggen einlädt. Ein grosser Teil davon würde dem Steinbruch zum Opfer fallen, der Rest stark eingeschränkt. Und auch die positiven wirtschaftlichen Faktoren müssen relativiert werden. Wenn touristische Betriebe wie die Heimwehfluh, das Waldhotel Unspunnen oder der Seilpark schliessen müssten und das Image der Destination leiden würde, wöge das schwerer.
Aber muss die Region nicht im nationalen Interesse diese Kröte schlucken? Ich denke nicht. Es macht wenig Sinn − ökologisch wie ökonomisch −, einen neuen Steinbruch zu erschliessen, statt die bestehenden zu erweitern. Der Schutz durch das BLN-Inventar ist eigentlich eine gute Sache. Aber bei den bestehenden Steinbrüchen ist der Schaden schon angerichtet, und das Festhalten am Schutz macht keinen Sinn. Insbesondere weil er wohl kaum von Dauer ist. Die Studie, die den Rugen als geeigneten Standort erkoren hat, hält auch fest: «Falls sich die Rahmenbedingungen nicht grundlegend ändern, müssen für die Sicherstellung der Hartgesteinsversorgung künftig weiterhin auch mehrere Abbaustandorte in BLN-Gebieten in Betracht gezogen werden.» Vor diesem Hintergrund macht es überhaupt keinen Sinn, den intakten Rugen zu verschandeln.
Dieser Kommentar erschien am Dienstag, 29. Juli 2014, im Berner Oberländer. Der dazugehörenden Bericht findet sich hier.
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