Verfasst von: mcstrider | August 28, 2015

Die Situation ist grotesk

Die Kraftwerke Oberhasli AG muss über die Bücher. Grund: Inzwischen sind ihre Produktionskosten höher als der Marktpreis. Wieso das so ist, erklärte mir VR-Präsident Werner Luginbühl in einem spannenden Interview im Berner Oberländer. Hier mein Kommentar.

Die Wasserkraft, das Rückgrat der Schweizer Stromproduktion, darbt. Bei der KWO  übersteigen die Produktionskosten den Marktpreis. Weshalb? Weil der Markt massiv verzerrt wird. Gerade die Förderung von dreckigem Strom aus Kohlekraft im Ausland ist, in einer Zeit, in der sich die Auswirkungen des menschgemachten Klimawandels immer deutlicher zeigen, nur noch pervers.

Die Schweiz will – zu Recht – die Energiewende: weg vom Atomstrom und weg von den fossilen Energieträgern Kohle und Erdöl. Dies kann nur über eine Stärkung der Wasserkraft gelingen. Einerseits um den steigenden Bedarf zu decken, andererseits, noch fast wichtiger, als Speicher für die anderen – unsteten – erneuerbaren Energien.

Gerade vor diesem Hintergrund müssten die KWO-Projekte Grimsel 1E, das auf Eis gelegte Grimsel 3 und der angedachte Stausee an der Trift möglichst schnell realisiert werden. Der Umwelt, der Schweizer Unabhängigkeit, der Stromsicherheit und der Arbeitsplätze im Oberhasli zu liebe. Werden sie  aber (noch) nicht. Eine groteske Situation.

Auf der anderen Seite soll nun der Strommarkt vollständig geöffnet werden. Auch Private sollen «ihren» Stromproduzenten aussuchen können. Wird also wenigstens der Strom für Otto-Normalverbraucher billiger? Nein, wahrscheinlich müssen wir gar tiefer in die Taschen greifen. Eine groteske Situation.

Beim Strom hat der Markt versagt. Das verwundert nicht: Bei der Stromproduktion und -distribution im Allgemeinen und der Wasserkraft im Speziellen muss langfristig gedacht werden. Keine Stärke der auf Shareholder-Value ausgerichteten Wirtschaft. Um Schaden zu vermeiden, muss der Staat immer wieder regulierend eingreifen. Mit Gesetzen, Gebühren und Subventionen. Das Resultat ist ein unübersichtliches Durcheinander, das weiter vom freien Markt entfernt ist, als wenn der Staat die Strominfrastruktur nie aus der Hand gegeben hätte. Eine groteske Situation.

Es zeigt sich einmal mehr: Die grundlegende Infrastruktur − Sicherheit, Bildung, Gesundheit und Strom − gehört in die Hand des Staates, der Öffentlichkeit und nicht der Willkür der Wirtschaft ausgesetzt.

Dieser Kommentar erschien am Freitag, 28. August, im Berner Oberländer.


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