Verfasst von: mcstrider | April 12, 2016

Ein Tropfen auf den heissen Stein

Die Berner Kantonsregierung will die grossen Wasserkraftwerke finanziell entlasten. BKW, KWO und Co. sollen für die 12 grössten Anlagen rund 4 Millionen Franken weniger Wasserzinse bezahlen müssen. Auch Hilfe bei einer wirtschaftlichen Notlage oder für Ausbauprojekte ist vorgesehen. Hier mein Kommentar im Berner Oberländer:

Produzenten von Strom mit Wasserkraft liefern jährlich einen happigen Batzen an die öffentliche Hand ab: den Wasserzins. Eigentlich eine vernünftige Einrichtung. Schliesslich ist Wasser ein Gut der Allgemeinheit. Wenn private Unternehmen damit Gewinn machen, sollen sie bezahlen.

So sah es zumindest aus, als Energiekonzerne neben Strom auch gehörig Kohle produzierten. Das ist nicht mehr so. Ein extrem verzerrter Markt sorgt dafür, dass der Strompreis im Keller ist. Dass praktisch alle Stromarten von teils massiven Subventionen profitieren, macht die Situation noch stossender.

Dass der Regierungsrat – in Bern fliesst der Wasserzins in die Kantonskasse– nun auf eine mögliche Erhöhung des Wasserzinses verzichten will, ist ein gutes Zeichen. Noch besser ists, dass er die Möglichkeit schaffen will, bedrohte Unternehmen oder sinnvolle Ausbauprojekte mit einer Senkung der Abgabe zu unterstützen. Aber es ist nur ein Tropfen auf den heissen Stein. Damit langfristig eine nachhaltige Energieversorgung der Schweiz gesichert wird, braucht es stärkere Eingriffe. Die Politik ist gefordert.

Wer nun ruft, staatliche Unterstützung gehöre nicht in einen freien Markt, der verkennt die Situation. Beim Strom hat der Markt versagt. Das verwundert nicht: Bei der Stromproduktion muss langfristig gedacht werden. Keine Stärke der auf Shareholder-Value ausgerichteten Wirtschaft.

Um Schaden zu vermeiden, muss der Staat immer wieder regulierend eingreifen. Mit Gesetzen, Gebühren und Subventionen. Von einem freien Markt kann also keine Rede sein. Es zeigt sich einmal mehr: Die grundlegende Infrastruktur − ­Sicherheit, Bildung, Gesundheit und Strom − gehört in die Hand des Staates, der Öffentlichkeit.

Dieser Kommentar erschien am 13. April 2016 im Berner Oberländer und in gekürzter Form im Thuner Tagblatt. Hier geht es zum Originalartikel von Kollege Julian Witschi.


Antworten

  1. Besten Dank für diesen guten Kommentar. Mit der völlig realistischen Liberalisierungskritik bin ich sehr einverstanden. Gruss —- Rolf


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