Willkommen im Jahr 2017. Es liegt vor uns wie am Dienstagmorgen die weisse, dünne Schneedecke, als ich frühmorgens meinen Arbeitsweg unter die Füsse nahm. Dieser führte mich von Goldswil über das Viadukt zum Interlakner Ostbahnhof. Es war kurz nach 6 Uhr.
Auf der Brücke war die Strasse gut geräumt – auf Kosten des Gehwegs. Brocken aus Eis, Schnee und Dreck machten das Trottoir zu schwer begehbarem Terrain. Schon wollte ich fluchen, da näherte sich von hinten ein flackerndes oranges Licht: Eine kleine Räummaschine. Ich musste kurz zur Seite treten, als das Gefährt mich überholte. Der Fahrer grüsste freundlich, und ich nickte, immer noch nicht ganz wach, zurück. Dann war der Weg frei.
Am Bahnhof herrschte ein emsiges Treiben: Züge und Busse fuhren ein und aus, hier erklang der schrille Ton einer Signalpfeife, und da deckte sich eine asiatische Reisegruppe im Coop Pronto mit allerlei Ess- und Trinkwaren ein. Ich dachte zurück, wie ich vor einer halben Stunde aus dem Bett kroch und mir wie der einzige Mensch auf Erden vorkam, der nicht mehr am Kopfkissen horchen durfte.
Wie ich mich doch täuschte: Zahlreiche Frauen und Mannen waren zu dieser nachtschlafener Stunde schon lange auf den Beinen und sorgten dafür, dass ich unbeschadet zur Arbeit komme und mir erst noch ein Znüni kaufen konnte. Ich bin nicht der Typ, der sich Neujahrsvorsätze macht, doch am Dienstagmorgen nahm ich mir vor, weniger als gegeben anzusehen und dankbar zu sein.
Dieser Text erschien am 6. Januar im Berner Oberländer und im Thuner Tagblatt unter der Rubrik „Kopfsalat“.
Kommentar verfassen