Geht das Zeitalter des Papiers zu Ende? Vieles deutet darauf hin. «Papier ist ein flächiger Werkstoff, der im Wesentlichen aus Fasern meist pflanzlicher Herkunft besteht und durch Entwässerung einer Fasersuspension auf einem Sieb gebildet wird», steht in der Online-Enzyklopädie Wikipedia geschrieben. Und ebendieses Online soll dem Papier, das doch das Aufkommen von Radio und Fernsehen überlebt hat, den Todesstoss versetzen. Nicht morgen oder übermorgen. Aber doch – je nach Expertenmeinung – in 30, 20 oder schon 5 Jahren.
Ich glaube nicht daran. Auch in Zukunft werden wir gerne Papier in die Hand nehmen, um uns die darauf gedruckten Inhalte zu Gemüte zu führen. Aber ich bin voreingenommen. Nicht, weil ich als Journalist meine Brötchen verdiene. Ich bin überzeugt, dass diese Arbeit unabhängig vom Medium funktioniert. Als Journalist liefert man Inhalte. Ob diese auf Papier gedruckt sind oder in Form von Einsen und Nullen durch den Äther wirbeln, ist unwichtig.
Ich mag Papier. Ich liebe das Gefühl einer gedruckten Zeitung in der Hand, die ich nach Feierabend an einer Bar durchblättern kann. Und wo – hier werden Puristen erschaudern – ich auch mal eine Seite herausreissen kann. Als Erinnerung, als Denkanstoss oder nur zur späteren ausführlicheren Lektüre.
Ich mag Papier. Ich liebe es, im Zug in einem dicken Wälzer zu schmökern. Mit der bangen Frage im Hinterkopf, ob ich das Kapitel fertig kriege, bevor die Computerstimme der SBB das Ende der Fahrt ankündigt. Und wenn es so weit ist – und hier werden sich die Puristen noch mehr Gruseln – markiere ich die Stelle, wo ich stecken geblieben bin, per Umfalzen einer Seitenecke. Einem Eselsohr, wie die Unsitte treffend genannt wird. Als Entschuldigung kann ich nur vorbringen, dass ich Buchzeichen stets nach kurzer Zeit verliere.
Und trotzdem dräuen auch im Hause Günter dunkle Wolken für das Papier. Die ersten Boten des Unbills tauchten unvermittelt auf, als meine Frau und ich erste Pläne für Ferien nächstes Jahr schmiedeten. Die ersten als Familie. Vor knapp einem Monat erblickte unsere Tochter das Licht der Welt. Für die sich in Planung befindende Reise heisst das mehr Gepäck: Kinderwagen, Windeln, Verpflegung und vieles mehr. «Du nimmst dann halt weniger Bücher mit», meinte meine Frau. «Oder kauf dir doch endlich ein E-Book», schob ein Bekannter nach.
Dieser Text erschien am 15. September im Berner Oberländer und im Thuner Tagblatt unter der Rubrik Kopfsalat.
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