„Komm, verschwende deine Zeit // Mach mal nichts und nimm dir frei. (. . .) Verschwende deine Zeit // Und mach, was dir gefällt», heisst es in einem Song von Silbermond. Aber geht es in Ordnung, Zeit zu verschwenden? Schliesslich ist jeder Tag, jede Stunde, jede Minute ein Geschenk.

Der Turmbau zu Johnny’s Bar
Aber natürlich ist es in Ordnung. Schon weil es sehr schwer zu definieren ist, welche Zeit verschwendet und welche sinnvoll genutzt ist. Man frage je einen Ökonomen, einen Geistlichen und einen Ökologen, und man wird sehr unterschiedliche Antworten erhalten.
Es geht um die Hygiene des Geistes. Darum, die Seele einfach baumeln lassen. Mal unproduktiv, ja unvernünftig sein. Zu Hause auf dem Sofa gammeln und drei dämliche TV-Sendungen gleichzeitig schauen. In einer Beiz Getränkebehältnisse für den Turmbau missbrauchen. Einfach hemmungslos im Hier und Jetzt leben. Das ist und tut gut.
Aber, und es gibt halt immer ein Aber, nur in Massen und zum richtigen Zeitpunkt. Ich bin froh, dass in den letzten Tagen Hunderte von Frauen und Mannen nicht gemütlich gammelten, sondern mit grossem Engagement im Einsatz standen, um die Auswirkungen des Wetters in Grenzen zu halten. Sie arbeiten unter garstigen Bedingungen, damit der grosse Rest in ihrem Alltag grösstenteils untangiert bleibt. Ihnen gebührt ein grosser Dank. Und ich hoffe, dass sich das Wetter bald beruhigt und sie alle Gelegenheit finden, wohlverdient ganz nach ihrem eigenen Geschmack etwas Zeit zu verschwenden.
Und falls Sie sich fragen: Nein, ich habe keine Ahnung, wer wann wo einen Flaschenturm gebaut hat. Und überhaupt ist es verjährt.
Dieser Text erschien am 5. Januar im Berner Oberländer und Thuner Tagblatt unter der Rubrik „Kopfsalat“
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