Verfasst von: mcstrider | Juli 27, 2018

Verschreiber sind Glücksache

Wo gearbeitet wird, passieren Fehler. Und je nachdem, wo gearbeitet wird, sind diese Fehler sehr öffentlich. Etwa beim Schreiben von Plakaten. Eine aufmerksame Leserin wies uns auf so einen Fehler hin. Auf den Plakaten zum Verbot von Feuerwerk in der Thuner Altstadt taucht ein «Gusianplatz» auf.

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Stein des Anstosses: Das Plakat mit dem «Gusianplatz». Foto: Michael Gurtner

Ein gefundenes Fressen für ein paar träfe Zeilen. Es gibt nur ein Problem: Auch im Journalismus wird gearbeitet, passieren Fehler und die sind ebenfalls sehr öffentlich.
«Wenn wir uns darüber lustig machen, dürfen wir uns selber keinen Tippfehler mehr erlauben», meinte ein Kollege. Stille herrschte in der Redaktionsstube. Schaudernd erinnerte sich jeder an eigene peinliche Fehler. Die Stimmung schlug aber schnell um. Da war doch viel ­Lustiges dabei.

Ich selbst schrieb mal von einem Piloten, der aus dem «Frack» geborgen wurde. Intern fiel das niemandem auf. Bis ein Leser schrieb: «Ich wusste gar nicht, dass sich Piloten so elegant anziehen.» Ein andermal liess ich ein Skirennen von «Schweinwerfern» beleuchten. Ja, oder als durch ein zusätzliches «l» und eine unglückliche Trennung ein bekannter Kletterer seine ersten Kletterschritte und -griffe statt im «Saus-tal» im «Sau-stall» machte. Oder die Oberländer ­Gemeinde, die in Abstimmungsunterlagen aus der «Erschliessungsanlage» eine «Erschiessungsanlage» machte. Dass das Ganze nicht unweit des Schiessplatzes war, gab der Häme zusätzlich Vorschub.

Aber wer weiss, vielleicht tun wir dem Ersteller des Thuner Plakates Unrecht. Vielleicht war es kein Verschreiber, sondern ein bewusster Entscheid, um die Alpenstadt noch einzigartiger zu machen. Vielleicht wollte er den Thuner Platz wirklich einem Gusian widmen. Guisanplätze und -strassen gibt es ja wie Sand am Meer. Eine Ehre, die sich der General auch wohl verdient hat.

Und tatsächlich, im Fantasy-Thriller «Das Prinzessinnenspiel» von Steve Cotten kommt ein Mann namens Gusian vor. Ein etwas zwielichtiger Bursche. Und raten Sie, was er von Beruf ist. Genau: Journalist.

Dieser Text erschien am 27. Juli 2018 im Berner Oberländer und Thuner Tagblatt und der Rubrik „Moment mal“.


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