Verfasst von: mcstrider | Juli 5, 2018

Marco hatte schon recht

Die Glosse Angekickt erscheint während der Fussball-WM zweimal wöchentlich im Berner Oberländer und Thuner Tagblatt. Sie beleuchtet Ungeahntes, Unbekanntes oder auch Unerhörtes rund ums runde Leder. Hier mein Beitrag:

In meinen jungen Jahren kickte ich bei den E-Junioren des FC Interlaken. Wir hatten ein grandioses Team und dominierten die Meisterschaft nach Belieben. Manch einer meiner Teamkollegen brachte es später zu Ehren in höheren Ligen. Und ich? Ich war alles andere als grandios. Mir ging damals jeglicher sportliche Ehrgeiz ab. «Ich bin mindestens dreimal besser als der», meinte einmal ein Mitspieler über mich. Es war mir – damals – vollkommen egal. An dieser Stelle: Danke, Marco.

Und ich legte eine Naivität an den Tag, die mir noch heute peinlich ist. Er wechsle mich immer erst kurz vor Schluss ein, weil ich da eine «wichtige» Rolle übernehmen müsse, erklärte mir mein Trainer, ohne eine Miene zu verziehen. Ich glaubte ihm. Zur Info: Wenn ich aufs Feld kam, führten wir jeweils schon im zweistelligen Bereich. Als ich dann stolz zu Hause erzählte, wie «wichtig» ich für das Team sei, konnte meine Mutter nur ungläubig den Kopf schütteln.

Das alles – zumindest was den Ehrgeiz angeht – änderte sich kurz darauf, als mein junger Körper erstmals mit einer gehörige Portion Testosteron geflutet wurde. Doch da hatte ich die Fussballschuhe schon an den Nagel gehängt.

Den neu gefundenen Ehrgeiz lebte ich beim Basketball aus, wo ich es doch auf einige sportliche Meriten brachte. Kantonaler Vizemeister im Streetball etwa. Oder als wir Hinterwäldler aus dem Oberland an einem Mixedturnier in Zürich ein Team aus Nationalliga-B-Spielern eliminierten. Zugegeben, wir hatten etwas Verstärkung. Da wir frauenmässig unterdotiert angereist waren, stellten uns die Organisatoren eine Verstärkung. 16 Jahre jung und knapp einen Kopf grösser als ich. Sie hatte sich mit ihrem Team überworfen und suchte eine Mitspielgelegenheit. Übrigens: Die Mannschaft, die wir aus dem Turnier schmissen, war ihr ehemaliges Team. Karma halt.

An dieser Stelle erinnert sich vielleicht jemand an mein Weltcüpli von vor zwei Jahren. Als ich die Frage aufwarf, ob an mir nicht ein grosser Skirennfahrer verloren gegangen war. Ja, hätte es der McStrider dann vielleicht im Basketball weit bringen können? Ein James LeBron in Westentaschenformat, ein John Stockton des armen Mannes, wie es Sportjournalist Klaus Zaugg ausdrücken würde. Ich weiss es nicht.

Aber etwas weiss ich genau: Auch wenn ich die Nationalhymne so inbrünstig gesungen hätte, dass Gigi Buffon vor Neid erblasst wäre und es der SVP-Bundeshaus-Fraktion vor Freude die Tränen in die Augen getrieben hätte, Petkovics Mannen in Russland wäre ich definitiv keine Hilfe gewesen. Da hatte Marco schon recht.

Dieser Text erschien am 5. Juli 2018 im Berner Oberländer und im Thuner Tagblatt.


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